Bewegung einfrieren auf Fotos

Ein Augenblick, ein Bruchteil einer Sekunde und genau in diesem Moment wird quasi die Stopp-Taste gedrückt. Fotos, die solch einen Moment treffsicher einfangen, sind ein echter Hingucker – sie sind nämlich eine Möglichkeit, Bewegung und Leben in Fotos zu bringen. Das kann sonst nur Videocontent.

Fotos mit eingefrorenem Moment begeistern ihre Betrachter – schließlich ist es doch eine kleine fotografische Kunst, die nicht jede*r kann. Dazu bedarf es ein Wissen über die Funktionen und Einstellungen der Kamera. Mit dem Automatikmodus ist so ein Shot nämlich nicht möglich. Es ist aber auch keine „Raketenwissenschaft“ – mit ein paar Grundlagen zu den Einstellungen kannst du direkt loslegen, dann ist nur noch die Freude am Ausprobieren und Feinjustieren gefragt.

Klassische Beispiele und Dauerbrenner für eingefrorene Bewegung bei Foodfotos sind fallende Tropfen – etwa Dressing oder Sauce, die aus einem Kännchen auf das Gericht gegossen wird. Auch der fallende Staubzucker ist ein Evergreeen, der den Kuchen oder das Dessert einfach gleich noch ein bisschen ansehnlicher macht.

Die Perspektive für eingefrorene Bewegung

Zunächst ist es ja bekanntlich so, dass durch die Schwerkraft frei fallende Dinge sich nach von oben nach unten bewegen. Das heißt: am Schönsten sichtbar ist das am Foto, wenn du eine horizontale Perspektive wählst. Eine Perspektive von oben oder der 45 Grad-Winkel sind dafür wenig bis gar nicht geeignet. Du positionierst dich also mit der Kamera auf gleicher Höhe wie das Set und fotografierst „von der Seite“ waagrecht hinein.

Dein Bildausschnitt erfasst also das Gericht, den Zwischenraum darüber in dem die Zutaten „fliegen“ und wenn gewünscht auch den Ursprung dessen, was hinunterfällt. Das kann zum Beispiel sein:

  • ein Kännchen, aus dem Sauce aller Art tropft
  • Zucker- oder Kakaostreuer
  • eine Zitrone, aus der Saft gepresst und geträufelt wird
  • eine Hand, die Streusel über einen Kuchen streut

Ob man den Ursprung der fallenden Teile am Bild sehen soll, ist Geschmacksfrage und variiert sicher von Fall zu Fall. Am ersten Foto fällt das Konfetti, ohne dass gezeigt wird, woher. Bei Staubzucker funktioniert das sicher genauso. In anderen Fällen könnte es vielleicht irritieren, wenn die Zutaten „aus dem Nichts fallen“ – meistens ist es hübscher, den Ausgangspunkt zu zeigen.

Die Hilfsmittel

Du brauchst für deinen Shot mit „eingefrorenem“ Moment folgende Hilfsmittel:

Hintergrund

Da wie gesagt eine horizontale Perspektive für fallende Zutaten ideal ist, brauchst du nicht nur einen Untergrund für dein Set, sondern auch eine „Rückwand“ bzw. gerne auch einen schönen natürlichen Hintergrund. Wichtig dabei ist, dass der Hintergrund farblich einen Kontrast zum fallenden Lebensmittel bildet: dunkle Sauce fällt vor hellem Hintergrund, weißer Staubzucker fällt vor dunklem Hintergrund.

Kamerahalterung oder Stativ

Je nachdem, ob du beim Fotografieren Unterstützung hast oder nicht, brauchst du evtl. einen Platz für deine Kamera. Idealerweise hast du eine helfende Hand, die fotografiert, sprich: durch den Sucher schaut und dir auch sagen kann, wie du deine Hand oder das Kännchen etc. platzieren sollst, damit es hübsch aussieht. Besonders Hände können ganz schön komisch aussehen, wenn man sie extra schön in die Kamera halten möchte 🙂

Fotografierst du alleine – so wie ich in 99% der Fälle -, stellst du deine Kamera entweder ab oder nutzt ein Stativ. Ich baue mein Set gerne am Boden auf und stelle die Kamera auf einen Stapel aus 3-4 Büchern, um schön horizontal und nah am Boden zu sein. Hast du dein Set auf einem Tisch, kannst du auch mit einem Stativ die richtige Position finden. Zum Auslösen der Kamera nutzt du entweder den Sekunden-Countdown oder einen Fernauslöser. So hast du die Hände frei, um am Set zu sein und das Kännchen mit der Sauce etc. selbst zu halten.

Bildvorschau

Im ersten Schritt wollen wir nun die passende Position für die Hand mit dem Kännchen, Zuckerstreuer etc. finden. Für den guten Bildaufbau ist es auch hier wichtig, eine gute Höhe und Position dafür zu finden. Für eine Vorschau des Bildes kannst du die Live-Vorschau deines Kameradisplays nutzen, falls der kleine Screen ausklapp- und drehbar ist.

Die Pro-Version wäre es, einen Laptop an die Kamera anzuschließen und mithilfe einer Software eine Live-Vorschau zu sehen. Das ist allerdings für den experimentierfreudigen Hobbygebrauch nicht erforderlich – es klappt auch ohne dies.

Wenn du weder den drehbaren Kamerascreen noch den angeschlossenen Laptop hast, machst du einfach zwei, drei Testfotos und merkst dir in etwa die Höhe deiner Hand, um sie beim nächsten Bild entweder höher, tiefer, geneigter etc. halten zu können falls nötig.

Die Einstellungen – Verschlusszeit, ISO und Blende

Nun geht es ans Eingemachte: deine Kamera ist platziert, wähle den manuellen Modus (M) und nun stellst du als erstes die Verschlusszeit ein. Das ist die Zeit, in der deine Kamera den Moment einfängt. Du erkennst sie auf deinem Display an der Angabe mit dem Bruchstrich (1/xxx). Leitsatz:

Je kleiner die Verschlusszeit, desto mehr ist der Moment „eingefroren“.

Warum? Ist der Moment sehr kurz, wird ein Tropfen genau dort fotografiert, wo er gerade in seinem Fall steht. Ist der Moment etwas länger, legt der Tropfen seinen Weg nach unten zurück. Mit kurz ist etwa eine Zeit von 1/320 oder kleiner gemeint. Hier fängst du einen Tropfen schön ein. Beachte: 1/320 bedeutet 1 Dreihundertzwanzigstel einer Sekunde. 1/640 ist wegen dem Bruchstrich noch kürzer, obwohl die Zahl 640 größer ist als 320.

Um eine Idee von diesen Werten zu bekommen: mit 1/320 oder 1/640 lassen sich fallende Tropfen gut einfrieren. Natürlich fällt jede Zutat anders, mal schneller, mal langsamer – Staubzucker fällt langsamer als eine schwere Sauce – du musst ohnehin mit deinem Setting experimentieren. Bei 1/160 oder 1/100 legt dein Tropfen mit Sicherheit ein Stück Weg zurück obwohl 1 Hunderstel einer Sekunde wirklich wenig klingt. Aber das macht den Unterschied, ob du auf deinem Foto Staubzucker-Punkte oder eher Staubzucker-Regen siehst.

Abstimmung von ISO und Blende

Die Verschlusszeit ist also tonangebend, sie bestimmt also den gewünschten Effekt und du wählst sie genauso aus, dass der Tropfen so stark oder weniger stark eingefroren wird, wie du möchtest. Nun wählst du du ISO und Blende passend dazu aus.

Der ISO-Wert ist die Lichtempfindlichkeit. Da die Verschlusszeit beim „Einfrieren“ sehr kurz ist (außer du möchtest bewusst einen fließenden Strahl der Sauce erzeugen, dann lässt du die Verschlusszeit etwas länger), kommt in dieser kurzen Zeit nur wenig Licht auf den Sensor – so kann es schnell passieren, dass das Licht zu wenig ist und das Bild dunkel wird. Ist das Ergebnis zu dunkel (mach einfach ein Testfoto), passt du im zweiten Schritt die ISO nach oben an. Du erhöhst die ISO zB. von 200 auf 400 oder gar 800 oder mehr. Ob es noch höher geht, hängt von deiner Kamera ab – bei manchen beginnt ab ISO 800 das Bild zu „rauschen“, es wirkt „körnig“ und das Limit deiner ISO für ein gutes Foto ist erreicht.

Wenn eine höhere ISO also noch immer nicht ausreicht für genügend Helligkeit, kannst du noch mit der Blende „schummeln“. Schummeln deshalb, weil das Verändern der Blende Auswirkungen auf die Schärfe und Unschärfe deines Fotos hast. Du hast grundsätzlich sicher eine Vorstellung von deinem Wunschfoto und stellst die Blende erstmal nach deinen Wünschen ein. Kannst du aber durch Abstimmung der ISO noch immer nicht genug Helligkeit gewinnen, musst du deinen Blendenwert F etwas verringern. Das bringt zwar etwas mehr Unschärfe und deine Kamera gewinnt dadurch an Licht.

Auslösen in Serie

Nun legst du endgültig los: ich lasse meinen Fernauslöser meist im Kasten und stelle einfach einen Countdown und zugleich eine Serienaufnahme ein. 3-5 Fotos in Serie bringen meist zumindest einen passenden Shot. Der Vorteil des Countdowns ist, dass er meist mit Pieptönen angezählt wird. Bring dich in Position und gieße deine Sauce etc. beim ersten Knips oder idealerweise kurz davor nach unten.

Und nun? Der Feinschliff

Jetzt hast du deine ersten Shots im Kasten. Manchmal ist gleich bei der ersten Serie ein gutes Bild dabei, meistens schadet eine zweite oder dritte Runde nicht, um die Hand, das Kännchen etc. noch einmal neu zu positionieren und noch den Feinschliff zu erzielen. Noch ein paar Tipps:

  • Gieße Sauce mit genug Schwung aus dem Kännchen – ansonsten läuft es gerne nicht direkt nach unten, sondern am Kännchen entlang.
  • Versuche, spätestens beim zweiten Mal, das ideale Bild zu erwischen. Du kannst natürlich beliebig oft auslösen, aber bedenke, dass zB. der Kuchen nach zwei Versuchen schon ordentlich viel Zucker drauf hat oder der Teller voll Sauce ist. Gießt du etwa Sauce an ein Steak, sollte es beim ersten Mal schon klappen – wähle für deinen ersten Versuch ein „pflegeleichtes“ Motiv.
  • Wähle deine Position bewusst aus: es macht einen Unterschied mit der Lichtsituation, ob du mit deiner Position am Set das hereinfallende Licht verdeckst oder nicht. Im Zweifelsfall: positioniere dich so, dass du dem Licht nicht „im Weg“ bist.
  • Spielvariante: sehr hübsch kann es sein, wenn du selbst der Hintergrund bist. Stelle dich hinter den Tisch, auf dem dein Model steht und gieße, schütte, streue. Der Vorteil ist dass du deine Kleidung passend zum Motiv (hell, dunkel, Strick, blumig) wählen kannst und so zum „Requisit“ wirst.
  • Da auch deine Hand Teil des Motivs ist, kannst du auch mit Schmuck oder Nagellack die Szene und ihre Stimmung und Farben toll untermauern.
  • In der Bearbeitung kannst du mit den Tiefen und Lichtern und mit der Schärfe deine fallenden Zutaten noch besser hervorheben.

Viel Freude beim Umsetzen! Auf deine Meinung zum Thema, Fragen und Diskussion im Kommentarbereich freue ich mich!

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